ntv: „Putins Tochter reiste zigmal nach Deutschland“

„Mehr als 20-mal soll die jüngere Tochter von Russlands Präsident Putin in den vergangenen Jahren nach Deutschland gereist sein, um ihren Geliebten zu treffen. Den Sicherheitsbehörden fiel dabei einem Bericht zufolge nichts auf – obwohl sie mutmaßlich von Personenschützern der Präsidentengarde begleitet wurde.

Den deutschen Sicherheitsbehörden sind zahlreiche Reisen einer Tochter des russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Bayern entgangen. Nach Recherchen des „Spiegels“ und der russischen Investigativplattform „IStories“ flog Katerina Tichonowa seit 2015 wohl mehr als zwanzigmal nach Deutschland. Sie wurde dabei von mutmaßlich bewaffneten Personenschützern der russischen Präsidentengarde FSO begleitet. Polizei und Nachrichtendiensten fielen diese Touren offenbar über Jahre nicht auf, obwohl Putins jüngere eheliche Tochter und ihre Bodyguards zumeist unter ihren richtigen Namen nach Deutschland kamen.

Die Trips lassen sich aus Buchungsunterlagen rekonstruieren, die dem „Spiegel“ und „IStories“ vorliegen. Es handelt sich dabei um geleakte Passagierdaten, Passkopien und interne E-Mails aus dem russischen Sicherheitsapparat. Demnach nutzte Tichonowa für ihre Reisen nach Deutschland zeitweise ein italienisches EU-Visum mit der Nummer ITA031963667.

Bei ihren Einreisen dürfte sie der Bundespolizei am Flughafen ihren Pass samt Visum gezeigt haben und durchgewunken worden sein – detailliert rekonstruieren lässt sich das nicht. Einreisedaten werden in Deutschland prinzipiell nicht erfasst. Es existiert offenbar auch kein Vermerk der Beamten zu Tichonowas Übertritt auf deutsches Staatsgebiet. Die deutschen Nachrichtendienste wiederum stehen dem Bericht zufolge auf dem Standpunkt, für Reisen von Angehörigen ausländischer Despoten nicht zuständig zu sein. Lediglich ein Trip Ende 2019 fiel den Sicherheitsbehörden offenbar auf – wenngleich zufällig. Eine Observation erbrachte keine weiteren Erkenntnisse.

„Da schlappen bewaffnete Personenschützer der russischen Präsidentengarde unbemerkt durch Bayern und niemanden interessiert es“, kritisiert der SPD-Innenexperte und Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler. Der Fall sei „ein illustres Beispiel“ dafür, „dass wir in den vergangenen Jahrzehnten keine Strategien entwickelt haben, den russischen Agenten und ihren Aktivitäten etwas entgegenzusetzen. Wir können so nicht weitermachen.“ Einem Regime, das in Europa einen Angriffskrieg entfache, müsse Deutschland „mit einem deutlichen Aufwuchs operativer Fähigkeiten der Sicherheitsbehörden entgegentreten“.

Der Grund für Tichonowas Reisen nach Bayern ist dem Bericht zufolge vermutlich der Mann, mit dem sie seit Längerem eine Beziehung führte: Igor Selensky. Der russische Künstler, der nicht mit dem gleichnamigen ukrainischen Präsidenten verwandt ist, war bis April dieses Jahres Chef des Bayerischen Staatsballetts und ist mutmaßlich Vater von Tichonowas heute vierjähriger Tochter. Der Kreml, Tichonowa und Selensky ließen Anfragen zu den Reisen unbeantwortet.

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 25. August 2022 erstmals veröffentlicht.)“ (ntv)

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